14 APRIL 1933, Page 12

Das Bismarcksche Reich Verschwindet

[VON EINEM DEUTSCHEN KORRESPONDENT.]

DAS neueste Gesetz zur " Gleichschaltung der Lander mit dem Reich " stellt bloss die endgultige Legalisierung des schon am 5ten Mars erzielten Sieges der National-Sozialisten dar. Schon vor einem Monat wurde das Bismarcksche Reich tatsachlich aus der Welt geschafft ; was nunmehr geschieht ist nichts weiter als die vollige Abschaffung auf gesetzlichen Wegen des deutschen Foederalismus im Staats- und verwaltungs- rechtlichen Sinne, zu Gunsten eines von Adolph Hitler geffihrten Einheitstaats.

Kurz zusammengefasst, sieht das neue Gesetz die Ernennung von Reichsstatthaltem in den Landem vor, die die Aufgabe haben, fur die Beachtung der vom Reichskanzler aufgestcllten politisehen Richtlinien zu sorgen. Dem Statthalter steht folgendes zu : die Emennung intd Entlassung von Mitgliedern der Landes- regierungen ; die Auflosung des Landtages und Anordnungen der Neuwahlen ; die Ausfertigung und Verkfindung der Landesgesetze ; auf Vorschlag der Landesregierung die Ernennung und Entlassung der unmittelbaren Staatsbeamten und Richter ; und, zum Schluss, das Begnadigungsrecht.

In Preussen bedeutet dieses Gesetz einen guten Ausweg aus dem Problem der Wahl des preussischen Ministerprasidenten. Der preussisehe Landtag, der wegen Streitigkeiten zwischen den Deutsch-Nationalen und den National-Sozialisten zu keinem Entschlurs kommen konnte, vertagte sich am 22ten Marz bis auf weiteres. Mit dem Statthaltergesetz, erubrigt sich einigermassen ein Entschluss des Landtags, da dem Reichskanzler, als gleichzeitiger preussischer Statthalter, die Emennung des preussischen Ministerprasidenten zusteht. Ob Hitler Papen oder Goring zum preussischen Ministerpriisident ernennen wird, bleibt trotz vielfaltigen Gerfichten zu Gunsten Gorings noch unbestimmt.

Soweit die MOglichkeit einer monarchistischen Restauration angeht, so bedeutet dieser Staatsumbau vielmehr eine Verhinderung soleher Plane. Diem fast unermessliche Kraftvereinigung in der Reichszentrale schliesst eine Ruckkehr zu dem alten Stoats- und Furstenrecht—wenigstens auf gesetzlichen Wegen—vollig aus. Obwohl die Reichsumbildung fur ein Einheits- kaisertum noch Raum lasst, so miisste das doch im legitimistischen Sinne als revolutionar angesehen werden.

Bezeichnend fur die Bestrebung der " Regierung der nationalen Erhebung," das Deutschland vom Mittelalter wiederheraufzubeschworen, ist die Wiedereinfuhrung von Titel, Orden und Ehrenzeichen, die kiinftighin vom - Reichsprasidenten, beziehungsweise vom Statt- halter verliehen werden ki3nnen. Ferrer verlautet es, dass in nationalistischen Kreisen man es gem sehen wurde, wend den Statthaltern der Titel eines Herzogs verliehen wurde, womit, wie gesagt wird, an die alten germanischen Uberlieferungen angeknupft wurde.

Bei weitem weniger revolutionar als die Worte Hitlers sind die des Diktators an der Reichsbank, die eine reine, von seinen Vorgangern nie tibertroffene finanzielle Orthodoxie aussprechen. Fur seine jugendlichen, untemehmungslustigen Parteigenossen, die die Einfiihrung der verschiedenartigen, in dem fruheren Naziprogramm enthaltenen Wahrungsexperimente gerne gesehen batten, bedeuten die Ausfilhrungen des Reichsbankprasidenteia eine gewisse Enttauschung. Anstatt eine kiihne, der Regierung der nationalen Erhebung wfirdige Walmings- politik kundzugeben, sprach Dr. Schacht mit der Begeisterung eines Roosevelts von der Wahrung des Goldstandards. " Ich wansche hier klar zum Ausdruck zu bringen, dass unbeschadet aller Bedeutung dieser Begriffe (des Goldstandards), die Reichsbank das eine Ziel im Auge hat, die Wertbestandigkeit der Reichsmark gleichmassig zu erhalten."

Mit diesen orthodoxen Ausfuhrungen des Reichsbank- prasidenten fallen auch viele, grossztigige Arbeitsbeschaf- fungsplane der neuen Regierung ins Wasser. Obwoll es nunmehr gilt, seine Vernichtung der im Zusammenhang mit den Arbeitsbeschaffungsplanen aufgetauchten Kreditausdehnungsprojekten als " erfreulich " zu begrOssen, so herrscht auch hieriiber eine stile Enttauschung.

" Phantastische Arbeitsbeschaffungsplane, die in der Hauptsache auf den Notendruck von Milliardenbetragen hinauslaufen," lehnt Schacht mit Nachdruck ab, indem er sic als eine der fibelsten Erbschaften aus der " endgultig totgeschlagenen Inflation " bezeichnet. Sogar die Notstandsarbeiten finden bei ihm wenig Beifall. Nicht mal diese dienen merklich, seiner Ansicht nach, der Ankurbelung der Wirtschaft. Mit denselben Worten, die schon von unzahligen Grossbankiers und Gross- industriellen gebraucht worden sind, empfiehlt der Finanzdiktator der nationalen Revolution zur Wieder- belebung der Wirtschaft eine gesunde Agrarpolitik, die Erteilung industrieller Auftrage mit besserer Ausniltzung des Produktionsapparats, Verbilligung der Produktionskosten und vermehrten Absatz der Industrie.

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