13 JULY 1934, Page 13

AUSSTELLUNGEN

[VON EINEM DEUTSCHEN KORRESPONDENTEN]

IN Munchen, dem sommerlichen Zentrum des deutschen Fremdenverkehres und in der Geburts-Stadt des Nationalsozialismus, sind gegenwartig drei interessante Ausstellungen zu schen.

Die erste ist die Deutsche Siedelungs-Ausstellung, die vor allem die Moglichkeiten zeigcn soli, mit denen skit der Deutsche eine neue Wohnkultur schaffen kann. In der Nachkriegszeit wurden durch das Reichsheim- stattengesetz und die Pachtlandordnung (1920) an dem Bantle der Grosstiidte liiiitfig sogenannte Erwerbslosen- Siedlungen und Kleingarten eingerichtet, far die im Vorjahre 50 Millionen Mark bcwilligt wurden. Gegen- wartig sind etwa 40,000 Siedelungen vorhanden, die durchschnittlich 1000 Quadratmeter gross sind, ungefrilir 2,500 Mark kosten und 200 Mark jiihrliche Lasten erfordern. Die Htiuser umfassen zwei Stuben, Kammer, Ktiche, Keller, Kleintierstall. Bei den Erwerbslosen- Siedlungen werdcn ausserdem noch Klcinticre, Obst- biiume und Saatgut mitgeliefert. In Ostdeutschland werden sogenannte Dorfrandsiedlungcn fur Arbeitcr der aus dem Westen verpilanzten Industrien cingerichtet. Auf der Miinehener Siedelungs-Ausstellung werden besonders die Typen der Dorfsiedlung gezeigt, die im Gegensatz zur Einzelgehoft, der sogenannten Streit- Siedlung, eine engere Zusammen-Arbeit von Handwerker- siedlung mit Bauernsiedlung erstrebt. Es wcrden such Versuche gezeigt, Grossgiiter aufzuteilen, urn als soge- nannte Aufbausiedlung die einzelnen Gutsgebtiude zu Einzelgehoften auszubauen. Eine besondere Abtcilung stellt die Kolonialsiedlung. wo die Aussichten fiir Siede- lungen in Afrika, Kanada und Stidamerika graphisch und plastisch gezeigt werden.

Die Ausstellung " Die Strasse" soil versuchen, das Interesse an der Strasse im gesaniten Volke zu crweeken. Die Strasse ist ein Kulturtragcr crsten Ranges, der als Weg und Steg die Menschen mitcinander verbindet. An der Art, der Form, der Linienfahrung von Strassen kann man erkennen, welehen Cha rakter die Zeit und die Menschen hatten, far die sic gebaut, von denen sic gebaut wurden. Die Anlage der Strasssen lasst auch auf die politische Macht bestimmter Epochen schliessen. Das deutsche Strassennetz soli einheitlicher ausgebaut werden. Das Programm der Reichsautobahnan zeigt, wie viclen Menschen wieder Arbeit vcrschafft wurdc. Das Interesse Hitters an diesen Autostrassen, das nieht nur ein rein militarisch—strategisches ist, soli auf dieser Ausstellinig " Die Strasse " besonders gekennzeichnet werden. Durch das neue Reielisgesetz, das die wichtigsten Strassenzage dem Reich untnittelbar untersteilt, wird these Form der Wegkultur im Interesse des ganzen Volkcs stark betont werden.

Im Miinchener Theater-Museum in der Koniginstrasse ist schliesslich eine Sonder-Ausstellung "Oberammergau und die Geschichte des geistliehen Schauspiels in Deutsch- land " zu schen. Ilier bekonunt man alles an Urkunden, Entwurfen, Bildern und Modellen zu Gesicht, was vom Ursprung dieser Spicle bis in die Gegenwart reicht. Interessant ist, dass der Text der Oberammergauer Passion auf cin lateinisches Osterspiel englischer Abstam- mung zuruckgeht. Altartafcln und Plastiken des 14. Jahrhunderts, Biihnenplane aus dem 16. Jahrhundert, sowie der alteste Biihntext aus Augsburg aus dem 15. Jahrhundert fiihren in die Neuzeit, wo 1770 site Passions- spiele verboten wurden. Aber bereits zehn Jahre spater wurde wieder gespielt, in ununterbrochener Reihenfolge bis auf unsere Tar. Diese Erlaubnis gait nur fur Oberammergau, sein Spiel " alle zehn Jahr alum mannig- liches hinterniss " aufzufiihren. F. G.